Der älteste jüdische Friedhof Europas weist rund 2000 Gräber auf, der älteste Grabstein datiert um 1058/1059 und ist Bestandteil des UNESCO Welterbes SchUM-Stätten Speyer, Worms, Mainz - Jüdisches Erbe für die Welt. Vom Teil auf dem ehemaligen Stadtwall hat man einen eindrucksvollen Blick auf den Dom, der sogenannte "Martin Buber Blick".
Der alte jüdische Friedhof "Heiliger Sand" ist bis in die heutige Zeit von großer Bedeutung für Juden weltweit. Zahlreiche einflussreiche jüdische Gelehrte und Rabbiner wurden hier beigesetzt. Die ältesten Grabsteine stammen aus dem Jahre 1058/59 und dokumentieren damit die erste große Blütezeit der seit etwa dem Jahre 1000 nachweisbaren jüdischen Gemeinde in Worms.
Der "Heilige Sand" ist damit der älteste "in situ" erhaltene jüdische Friedhof Europas!
Der Alte Judenfriedhof zählt zweifellos zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern im Wormser Stadtgebiet. Er hat aufgrund seines Alters, der Jahrhunderte langen, ununterbrochenen Belegung, des Erhaltungszustandes, der Zahl und Bedeutung der hier bestatteten Persönlichkeiten aus dem jüdischen Worms sowie aufgrund des beispiellos reichen Inschriftenmaterials aus nahezu 900 Jahren europäischen Rang.
Jüdische Besucher kommen nach Worms, in der jüdischen Literatur als „Jerusalem am Rhein“ bekannt, um die Gräber von Rabbi Meir von Rothenburg (gestorben 1293) und Alexander ben Salomon Wimpfen (gestorben 1307) zu sehen. Weitere wichtige Grabstätten liegen vor allem im so genannten „Rabbinertal“ und seiner Umgebung. Hier finden sich unter anderem die Gräber von Rabbi Nathan ben Issak (gestorben 1333), Rabbi Jakob ben Moses halevi, genannt MaHaRil, (gestorben 1427), Rabbi Meir ben Isaak (gestorben 1511) und Elia Loanz, genannt Baal-Schem (gestorben 1636).
Dank der Synagogenstiftung von 1034 und als Wirkungsort zahlreicher Rabbiner seit dem 11. Jahrhundert bildete diese Gemeinde zusammen mit denen von Mainz und Speyer die der SCHUM-Städte. „SchUM" ist aus den hebräischen Anfangsbuchstaben der Namen der drei Kommunen abgeleitet.
Die Beschlüsse der Synoden dieser Städte waren maßgebend für die deutschen Juden. Worms entwickelte sich zu einem der herausragenden Zentren jüdischer Gelehrsamkeit am Rhein mit weiter Ausstrahlung in das rechtsrheinische Aschkenas, wie die hebräische Bezeichnung für Deutschland lautete.
Im Juli 2021 erklärte die UNESCO die Zeugnisse jüdischen Lebens der SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz zur 50. Welterbestätte in Deutschland. In Worms sind das mittelalterliche Gemeindezentrum mit Synagoge, Frauenschul, Mikwe und dem ehemaligem Gemeindehaus sowie der alte jüdische Friedhof „Heiliger Sand“ das Erbe des aschkenasischen Judentums und nun auch Weltkulturerbe.
Ein für die Geschichte des außerhalb der Stadt südwestlich vor der hochmittelalterlichen Stadtmauer gelegener Friedhof ist ein wichtiges Abbild der dauerhaften Niederlassung und der Kontinuität der Existenz der Wormser jüdischen Gemeinde über alle Vertreibungen und Pogrome hinweg vom 11. Jahrhundert bis in die NS-Zeit. Der Friedhof, nach jüdischer Vorstellung Ort der ewigen und unantastbaren Totenruhe, ist ein Spiegel der vielfältig mit der Stadtgeschichte verschränkten Gemeindegeschichte.
Der Friedhof sah sich während des Mittelalters und der frühen Neuzeit immer wieder potentiellen Übergriffen seitens der Stadt im Umfeld von Pogromen und bei Konflikten zwischen beiden Seiten ausgesetzt, unter anderem in den Jahren 1519 und 1615. Er wurde um 1260 erweitert und eingefriedet, dann erneuert nach der Auflassung des äußeren Verteidigungsrings im Gefolge der Stadtzerstörung von 1689. Von Bedeutung wurde eine Umgestaltung zu Beginn des 17. Jahrhunderts, die unter anderem durch das Waschhaus und das inschriftliche Totengebet im Eingangsbereich dokumentiert wird.
Bald nach der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich die Gemeinde um die abschriftliche Dokumentation des überaus wertvollen und durch Verwitterung und andere Einflüsse bis heute gefährdeten Inschriftmaterials des Friedhofes zu bemühen. Seine umfassende wissenschaftliche Bearbeitung steht trotz verschiedener Anläufe und Materialsammlungen bis heute aus.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts musste ein neuer jüdischer Friedhof angelegt werden. 1911 entstand so der Friedhof an der Hochheimer Höhe. Der alte jüdische Friedhof blieb während der Jahre der NS-Diktatur von massiven Übergriffen oder Schändungen verschont; einige Bombentreffer richteten bis 1945 punktuelle Zerstörungen an.
Nach Kriegsende wurden der Friedhof von der Stadt wieder in einen würdigen Zustand versetzt, zerstörte Grabsteine so weit möglich und vertretbar wieder hergestellt und das Wärterhaus neu errichtet.
Die Jüdische Gemeinde Mainz ist als verantwortliche Institution auch für die Juden in Worms Eigentümerin des Friedhofs. In einem Vertrag wurde niedergelegt, dass die Stadt Worms sich um den Unterhalt kümmert. Aufgrund der großen Zahl von Gräbern bekannter Juden, unter ihnen viele bis heute wichtige Gelehrte, Rabbiner, Stifter und Märtyrer, und in Verbindung mit dem hohen Ansehen der vormaligen Gemeinde Worms als "Klein-Jerusalem" ist er eine Art "Wallfahrtsort" für jüdische Besucher aus aller Welt.
Der Friedhof, gelegen im Dreieck von Willy-Brandt-Ring (hier ist auch der Eingang), Andreasstraße und den Bahngleisen, teilt sich in einen älteren, niedriger gelegenen und einen jüngeren Teil, der auf den Resten der im späten 17./frühen 18. Jahrhundert aufgelassenen Umwallung der Stadt liegt.
Die ältesten Grabsteine — aus dem 11. und 12. Jahrhundert haben sich etwa 50 Steine erhalten — befinden sich vor allem im südlichen Teil, wo auch mit dem "Rabbinertal" eine besonders hohe Dichte von Grabstätten bekannter Gelehrter angetroffen wird.
Der Gesamtbestand der erhaltenen Steine beträgt für beide Teile des Heiligen Sandes etwa 2500 Stück. So gut wie alle befinden sich in situ. Im Gegensatz zur sonst üblichen Ostausrichtung der Grabsteine weist der Wormser Heilige Sand eine Ausrichtung nach Süden auf, ein Umstand, der bislang nicht überzeugend erklärt wurde.
Wenngleich keine klare Belegungsabfolge erkennbar wird, so lassen sich doch zeitlich und vermutlich auch verwandtschaftlich zusammenhängende Schwerpunkte ausmachen. Der Ort diente seit dem späten Mittelalter auch umliegenden Gemeinden ohne eigenen Friedhof als Begräbnisstätte. Die Steine sind in ungewöhnlicher Fülle vorhanden und zeigen in dieser Form nur höchst selten anzutreffenden Reichtum in Formensprache und Gestaltung.
Der ältere Teil des Friedhofes umfasst etwa 1150 noch aufrechte Steine aus der Zeit zwischen dem späten 11. und dem 17. Jahrhundert; der neuere Teil mit etwa 1250 noch stehenden Steinen reicht in seiner Belegung vom 18. Jahrhundert im wesentlichen bis 1911, als die Israelitische Gemeinde auf der Hochheimer Höhe neben dem neuen Kommunalfriedhof eine neue Begräbnisstätte mit noch erhaltener Trauerhalle errichtet hat.
Vor allem im Lauf des 19. Jahrhunderts setzte sich die deutschsprachige Beschriftung der Steine und überhaupt eine christlichen Formen angenäherte Grabkultur durch, Zeugnis für die starke Akkulturation der mehrheitlich dezidiert liberalen Wormser Juden an die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft. Bis 1937 wurden noch einzelne Bestattungen in Familiengräbern durchgeführt, seither ist der Friedhof nicht mehr im Gebrauch.
Rechts vom Eingang mit dem Wärterhäuschen befinden sich ein Brunnen zum Händewaschen und das aus der Zeit um 1625 stammende Leichenwaschhaus, eine Stiftung des reichen und stiftungsfreudigen Gemeindemitglieds David Oppenheimer.
Am Weg zum neueren Teil, ganz im Norden des Areals, befindet sich mit dem Doppelgrab von Rabbi Meir von Rothenburg (gest. 1293) und Alexander Salomo ben Wimpfen (gest. 1307) ein herausragendes und vielfach aufgesuchtes Monument der Erinnerung an zwei namhafte Glaubenszeugen des aschkenasischen Judentums.
Eine Geschichte besagt, dass Juden bereits 600 Jahre vor der Zeitrechnung in Worms gesiedelt haben sollen, wo sie durch ihren Fleiß und Geschäftstüchtigkeit erheblichen Wohlstand erlangten. Sie galten außerdem als äußerst religiös und ihrer neuen Heimat verbunden. Angeblich forderten die Priester von Jerusalem die Wormser Juden auf, in ihre Heimat, die heilige Stadt Jerusalem, zurückzukehren, um dort nach Gottes Geboten zu leben, andernfalls würde sie SEINE Strafe treffen.
Da schrieben die Juden aus Worms an den hohen Rat in Jerusalem zurück: "Ihr wohnet im gelobten Lande; ihr habt einen Tempel; ihr habt eine Gottesstadt, und wir haben eine."
Und der Totenhof dieser Juden hieß der Heilige Sand, er war hoch mit Sand bestreut, der aus Jerusalem nach Worms geschafft worden war, so viel vermochte ihr Reichtum.
Rundsicht über einige nicht begehbare Flächen:
Mit Hilfe der Web-App "wo-sie-ruhen.de" können Sie berühmte Grabstätten auf dem Jüdischen Friedhof "Heiliger Sand" in Worms entdecken.
Ein audio-virtueller Rundgang zu berühmten Grabstätten auf historischen Friedhöfen in ganz Deutschland, darunter auch der "Heilige Sand" in Worms. Mit deutscher Übersetzung der hebräischen Grabstein-Inschriften.
Grabsteine und ihre Inschriften auf dem alten Judenfriedhof Worms (Projektleitung Prof. Dr. Michael Brocke, Salomon-Ludwig-Steinheim-Institut, Duisburg/Essen)
Jüdischer Friedhof "Heiliger Sand"
Willy-Brandt-Ring 21
67547 Worms
Google Maps
Männliche Besucher müssen eine Kopfbedeckung tragen!
November bis März
Sonntag bis Freitag
9:30-16:00 Uhr, letzter Einlass 15:40 Uhr
April bis Oktober
Sonntag bis Freitag
9:30-18:00 Uhr, letzter Einlass 17:40 Uhr
Samstag und an jüdischen Feiertagen
geschlossen.
Außerdem geschlossen:
23. Dezember 2024 - 1. Januar 2025 sowie Karfreitag.
Bitte beachten Sie:
kurzfristige Änderungen / Schließungen sind jederzeit möglich; Einzelheiten laut Aushang am jüd. Friedhof.
Der Eintritt ist frei !
Der jüdische Friedhof an folgenden jüdischen Feiertagen geschlossen:
Pessach (23. - 30.04.24)
22.04.24 (ab 14 Uhr geschlossen)
23. + 24.04.24
29. + 30.04.24
Schawuoth (12. + 13.06.24)
11.06.24 (ab 14 Uhr geschlossen)
12. - 13.06.24
Rosch Haschana (3. + 4.10.24)
2.10.24 (ab 14 Uhr geschlossen)
3. + 4.10.24
Jom Kippur (12.10.24)
11.10.24 (ab 14 Uhr geschlossen)
12.10.24
Sukkot (17. / 18.10.24)
16.10.24 (ab 14 Uhr geschlossen)
17. + 18.10.24
Schemini Azereth (24.10.24)
24.10.24
Simchat Thora (25.10.24)
25.10.24
Angebot für individuelle Besucher und Kleingruppen bis 6 Personen
bis 13. Dezember 2024 sowie wieder ab März 2025:
ENTFÄLLT an jüdischen Feiertagen sowie an Karfreitag
Weitere Informationen erhalten Sie hier
UNESCO Weltkulturerbe -
die jüdischen Monumente in Worms
> April bis Oktober
> jeden 1. und 5. Sonntag im Monat um
10.30 Uhr
> Treffpunkt: Synagogenplatz
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, sichern Sie sich Ihr Ticket VORAB online!
sofern es Restkarten gibt, erhalten Sie diese:
> bei der Tourist Info während den Öffnungszeiten,
> !!! NICHT an Sonn- und Feiertagen !!!
> Shop am Dom, Neumarkt 14,
neben Tourist Info sowie
> bei allen Ticket Regional Vvkstellen
Beim Besuch des jüdischen Friedhofs müssen männliche Besucher eine Kopfbedeckung tragen
Weitere Informationen finden Sie hier
weitere Führungen:
Dauer: je eine Stunde
Dauer: 1,5 Stunden
Ein Rundgang zu verschiedenen Stolpersteinen und den tragischen Geschichten hinter den Steinen durch die Wormser Innenstadt