In den "schlechten Jahren" der Nachkriegszeit trug jedes Familienmitglied zur Ernährung der Familie bei. Es war wohl im Sommer 1946 oder 1947 während der Ferien, ich war damals 9 oder 10 Jahr alt. Bei Tagesanbruch machte ich mich zu Fuß auf den Weg von der Sickingenstraße an den Rhein.
Mit klopfendem Herzen, aber unbehelligt und dankbar gelangte ich auf die rechte Rheinseite. Dort wartete ein Bus, der uns nach Hofheim brachte. Ich erkundigte mich nach einer Arbeitsmöglichkeit und wurde zu einem Bauern in der Nähe des alten Rathauses zur Erbsenernte geschickt. Unsere Aufgabe bestand darin, die Schoten von dem im Hof aufgetürmten Erbenstroh zu pflücken. Unsere Entlohnung bestand darin, dass wir 10 % der gepflückten Erben behalten durften. Ich war wohl recht fleißig, denn am Nachmittag hatte ich einen schönen Sack mit Erbsen "verdient". Den Sack trug ich, wie von meinem Vater vereinbart, zu Firma Lameli (Inhaber der Pelzfirma Renopella), die ihn am nächsten Tag mit nach Worms nahm.
Dann nahm ich den weiten Weg von Hofheim an den Rhein unter die Füße und setzte, da die Amerikaner keine strengen Kontrollen durchführten, problemlos auf die linke Rheinseite über. Reichlich müde, aber glücklich darüber, etwas Essbares besorgt zu haben, ging für mich ein Ferientag zu Ende. Am nächsten Tag wurden die Erbsen nach Hause geholt, von den Schoten befreit und in die Sonne gestellt. Das war nötig, weil in nicht wenigen der Erbsen kleine Käfer saßen, die die Sonnenstrahlen zum "Ausflug" veranlassten.
Ein Beitrag von Manfred Baumann