Zerstörte Eisenbahnbrücke bei Worms
Zerstörte Eisenbahnbrücke bei Worms

Erbsen aus Hofheim - von der Essensnot nach dem Krieg

In den "schlechten Jahren" der Nachkriegszeit trug jedes Familienmitglied zur Ernährung der Familie bei. Es war wohl im Sommer 1946 oder 1947 während der Ferien, ich war damals 9 oder 10 Jahr alt. Bei Tagesanbruch machte ich mich zu Fuß auf den Weg von der Sickingenstraße an den Rhein.

Zerstörte Eisenbahnbrücke bei Worms
Zerstörte Eisenbahnbrücke bei Worms
© Fotograf: Quelle: Stadtarchiv Worms

Grenzkontrolle, Rheinüberquerung und Fußmarsch nach Hofheim

Die Rheinbrücke war gesprengt und auf die andere Rheinseite konnte man nur mit der Fähre gelangen. Das Problem: Von der linksrheinischen fanzösischen Besatzungszone in die rechtsrheinische amerikanische Zone konnte nur gelangen, wer einen Passierschein besaß.

Den erhielten vorzugsweise Berufstätige; Kinder in Begleitung der Eltern brauchten keinen Pass. An der Fähre sprach ich eine mir fremde Frau an und bat sie, mich mit nach drüben zu nehmen. Die Frau erkundigte sich aus Gründen der möglichen Kontrolle nach meinem Vornamen und setzte mich auf den Gepäckträger ihres Fahrrades.

Schwierige Ernährungslage nach dem Krieg
Schwierige Ernährungslage nach dem Krieg
© Fotograf: Quelle: Stadtarchiv Worms

Erbsen als Lohn

Mit klopfendem Herzen, aber unbehelligt und dankbar gelangte ich auf die rechte Rheinseite. Dort wartete ein Bus, der uns nach Hofheim brachte. Ich erkundigte mich nach einer Arbeitsmöglichkeit und wurde zu einem Bauern in der Nähe des alten Rathauses zur Erbsenernte geschickt. Unsere Aufgabe bestand darin, die Schoten von dem im Hof aufgetürmten Erbenstroh zu pflücken. Unsere Entlohnung bestand darin, dass wir 10 % der gepflückten Erben behalten durften. Ich war wohl recht fleißig, denn am Nachmittag hatte ich einen schönen Sack mit Erbsen "verdient". Den Sack trug ich, wie von meinem Vater vereinbart, zu Firma Lameli (Inhaber der Pelzfirma Renopella), die ihn am nächsten Tag mit nach Worms nahm.

Zu Fuß nach Hause

Dann nahm ich den weiten Weg von Hofheim an den Rhein unter die Füße und setzte, da die Amerikaner keine strengen Kontrollen durchführten, problemlos auf die linke Rheinseite über. Reichlich müde, aber glücklich darüber, etwas Essbares besorgt zu haben, ging für mich ein Ferientag zu Ende. Am nächsten Tag wurden die Erbsen nach Hause geholt, von den Schoten befreit und in die Sonne gestellt. Das war nötig, weil in nicht wenigen der Erbsen kleine Käfer saßen, die die Sonnenstrahlen zum "Ausflug" veranlassten.

Ein Beitrag von Manfred Baumann

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