Schmuckstück "Dollbohrer"
Schmuckstück "Dollbohrer"

Was ist ein Dollbohrer?

Wenn ein Wormser "Du Dollbohrer" sagt, ist das nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Dabei kann der Dollbohrer auch etwas sehr schönes sein ... und in der Fremde sogar ein Stück Heimatgefühl vermitteln.

In Worms kennen wir drei verschiedene Arten "Dollbohrer":

1. Der den Dollen bohrt:

Für den Zimmermann war der "Dollbohrer" früher ein wichtiges Werkzeug. Aus Schmiedeeisen gefertigt, wurden damit bei Fachwerkhäusern und Dachkonstruktionen Löcher zum Eintreiben der Dollen gebohrt. Man unterscheidet zwischen Holznägeln und Dollen. Holznägel sind konisch geformt und werden einseitig eingetrieben. Dollen sind eine besondere Form von Holznägeln, die zylindrisch geformt sind. Sie werden im Regelfall als Verbinder zwischen Deckenbalken und Rähm eingesetzt.

Das Bohren der Löcher für den Dollen ist eine schweißtreibende Angelegennheit. Deshalb wurde dazu der am wenigsten qualifizierte Mitarbeiter eingesetzt.... der Dollbohrer eben.

(von Werner Appel, Obernburg)

2. Das Schimpfwort:

"Du Dollbohrer" – dieses Schimpfwort kennt man nicht nur in Worms, auch andere Rheinhessen dürften wissen, wer oder was damit gemeint ist. Nämlich ein Mensch, der etwas stur, etwas verrückt, etwas ungeschickt oder einfach nur etwas doof ist oder sich so verhalten hat. Lesen Sie hierzu auch diese Anekdote.

3. Das Schmuckstück:

Der schönste "Dollbohrer" aber ist ein Schmuckstück. Es zeigt ein filigranes Figürchen, das entspannt auf einem geschwungenen "D" sitzt, dem Betrachter zuwinkt und mit den Beinchen zu baumeln scheint. Es entstammt der Gold- und Ideenschmiede "Kienast", die an der Nordseite des Wormser Doms (Schlossplatz) zu finden ist. Den "Dollbohrer" gibt es als Kettenanhänger und mit Anstecknadel.

Worterklärung laut Duden

Doll|boh|rer, der

[eigtl. = Lehrling, der ausschließlich Löcher für Dollen bohrt] (ugs.): dummer, ungeschickter Mensch.
(Quelle: www.duden.de)

Folgende Anekdote schickte uns Frau E. S. 

(Name der Redaktion bekannt)
In meiner Schulzeit (beginnend 1946) waren die Kriegs- und Gefangenschaftsjahre bei denen, die das Glück hatten, heimkehren zu können, noch allgegenwärtig und lebendig in ihren Köpfen. Sie machten sich durch Erzählungen bei jeder Gelegenheit etwas Luft. So erzählte uns unser Studienrat unter anderem einmal eine wahre Begebenheit im Zusammenhang mit dem Ausdruck Dollbohrer:

Er war in russische Gefangenschaft geraten, in ein völlig überfülltes Lager. Von dem Elend, das dort herrschte, musste nicht weiter erzählt werden. Die Hoffnung lag danieder, die Stimmung entsprechend. Plötzlich hörte unser Studienrat von weit her einen ungehaltenen Ausruf: "Du Dollbohrer !"

Unser "Dollo", wie wir ihn seither liebevoll nannten, schrie mit aller Kraft, die ihm noch verblieben war zurück und wollte wissen, wo und wer der Wormser Dollbohrer sei. Wegen diesem Schimpfwort fanden sich zwei Wormser weitab der Heimat, unter ganz erbärmlichen und hoffnungslosen Zuständen. Die beiden waren überaus glücklich und dieses Zusammentreffen, das Spüren, nicht alleine zu sein, half mit, die schwere Zeit durchzustehen.

Seine Geschichte hatte bewiesen, dass sogar ein Schimpfwort nicht prinzipiell eine Beleidigung sein muss.

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