Die 1945 zerstörte Altstadt wurde zum Großteil wieder aufgebaut. Stück für Stück wuchsen aus der Ruinenlandschaft kleinere Häuser, dann Häusergruppen, Wohnblöcke und Kaufhäuser. Lesen Sie hierzu einen Bericht von Dr. Friedrich M. Illert aus dem Jahre 1963.
Ein großer Teil der 1945 zerstörten Altstadt ist wieder aufgebaut, zuerst mit bescheidenen Wohn- und Geschäftshäusern üblicher Art inmitten der Ruinen, dann mit größeren Häusergruppen an verbreiterten Straßen. Sie sehen gemütlich aus in der Petersstraße und hier und da in der Innenstadt mit ihren Erkern und spitzen Dächern. Schließlich dem "Wirtschaftswunder" folgend mit immer höheren Wohnblöcken und Kaufhäusern allenthalben in der Stadt. Die einen wundern sich darüber, es gibt auch Leute, die sich darüber ärgern und viele sind zufrieden, dass unsere Stadt Häuser bekommt, wie sie heute überall gebaut werden.
Im großen und ganzen haben sich diese verschiedenen Bauweisen zusammengeordnet und aneinander gewöhnt, so wie die Menschen, die darin arbeiten und wohnen, sich aneinander gewöhnen, die Einheimischen und die Zugezogenen, die ein bunteres Bild geben als bisher.
Zu Grund lag ein von der Stadtverwaltung schon bald nach Kriegsende aufgestellter Wiederaufbauplan, der vor allem eine fühlbare Verbreiterung der Durchgangsstraßen, eine Auflockerung der in Trümmern liegenden verwinkelten Altstadtteile und ihre Aufschließung durch Grünflächen und Parkplätze erstrebte und vielfach auch erreichte.
Freilich mußte das altertümliche, behagliche Idyll der vielen kleinen Gassen fast ganz aufgegeben werden. Um so fühlbarer tritt jetzt die Überkreuzung der Nord-Südstraße mit der Ost-Weststraße am Markt in Erscheinung und läßt den ältesten Grundplan der Stadt und ihr in allen Jahrtausenden gültiges Zentrum als Stadtmitte noch maßgebender erkennen, als bisher.
Trotz des Neuaufbaues fast aller Häuser in der Altstadt ist diese neue Stadt die alte geblieben, weil in ihr die großen Richtpunkte der Monumentalarchitekturen der Vergangenheit immer noch in alter und neuer Schönheit dastehen, und weil die neuen Monumentalbauten des Rathausbezirkes sich in sorgfältiger Eingliederung der alten und neuen Bauteile in diese große Tradition wohlgestaltet einordnen.
Es wird auch diesmal gewürdigt werden, dass die Bürger der Stadt das unerhört große Erbe der ehemaligen Freien Stadt des Reiches und der Fürstbischöflichen Residenz, soweit es aus den Zerstörungen von 1689 und um 1800 übrig geblieben war , bewahrt und betreut haben, so dass auch jetzt das eindrucksvolle Bild des großen Stadtschicksals sich mit dem hochgemuten Aufbau der modernen Stadt vermählt.
Wie 1689 das mittelalterliche vielgieblige Worms verging und die veränderte Stadt des Barock an ihre Stelle trat, wie um 1800 diese barocke Stadt dem kleinbürgerlichen Marktflecken des beginnenden 19. Jahrhunderts Platz machte, so hat diesmal die Stadt der Wormser Industriemäzene und Großkaufleute ihr Ende gefunden - aber auch diesmal hat sie ihr eigenes Wesen behalten dürfen und nur ein neues Kleid angezogen, das die Mode unserer Zeit trägt. Sie behielt den kostbaren Schmuck eines Jahrtausends, um dessentwillen die Fremden nach Worms pilgern und der groß genug ist , um auch die Einwohner der Stadt als die Teilhaber an diesem Reichtum zu einer Gemeinschaft zusammen zuschließen.
Zerstörte Bauten, die nicht wieder aufgebaut wurden:
Die in den Ruinenfeldern zutage getretenen Reste der bereits früher zerstörten Kirchen: Amanduspfarrkirche bei Liebfrauen, St. Sixtus am Sixtusplatz. St. Kilian in der Hagenstraße. Allerheiligen-Kapelle in der Mainzer Straße und Maria-Münster im Süden der Stadt sind endgültig verschwunden.
Die großen Bauten der Stiftsherren des 18. Jahrhunderts und Bürgerhöfe der gleichen Zeit: Der Schönauer Hof in der Wollstraße, der Silberborner Hof in der Valckenbergstraße, der Bettendorf-Hof in der Andreasstraße (Landratsamt), Stiftshäuser in der Umgebung der Paulus- und Andreaskirche, Bürgerhöfe an verschiedenen Stellen der Altstadt, das Steinerne Haus in der Judengasse existieren nicht mehr.
Eben so das Cornelianum, das Bergkloster (Stadtbibliothek), das Doerrsche Haus im Saukopf, der Mathildenhof, der Majorshof , Haus Reinhart und Haus Valckenberg in der Wilhelm-Leuschner-Straße.
Altüberlieferte Großgaststätten: Brauereiausschank der ,,12 Apostel " und der "Lindenhof" in der Hagenstraße, die "Ebertsburg" und der "Wilde Mann" in der Petersstraße, der "Elefant" in der Schlossergasse und der "Karpfen" in der Römerstraße. Sie alle sind zerstört und nicht wieder aufgebaut.
Alle Kirchen der Altstadt: Dom, Magnuskirche, Martinskirche, Pauluskirche, Andreaskirche des Museums, Dreifaltigkeitskirche, Friedrichskirche und die Synagoge in der Judengasse. Die Baptisten haben an der gleichen Stelle am Weckerlingplatz ein neues Bethaus erbaut.
An bürgerlichen Bauten: das Rote Haus in der Römerstraße, der Wambolderhof in der Kämmererstraße, die Dechanei als Jugendherberge beim Weckerlingplatz, der Heylshof in der Stephansgasse, die Meilsburg in der Mainzer Straße (Altersheim). Ferner im Rathausbezirk der historische Bürgerhof und der Rathauserweiterungsbau von 1910, das Städtische Spiel- und Festhaus, dessen Wiederaufbau gegenwärtig in Gang ist. Auch die beiden zerstörten Rheinbrücken sind wiederhergestellt.