Krone der Langobardenkönige
Krone der Langobardenkönige

Karl der Große heiratete in Worms

Worms ist schon vor mehr als 1200 Jahren für eine große Hochzeitsfeier im Jahr 783 ausgesucht worden. Der Bräutigam war der größte Herrscher der damaligen Zeit mit dem Herrschaftsgebiet, das wir heute Europa nennen. Was muss das für ein Fest in Worms gewesen sein? Noch größer als das Backfischfest und die Nibelungen-Festspiele?

Statue Karls des Grossen in der Krypta des Grossmünster zu Zürich
Statue Karls des Grossen in der Krypta des Grossmünster zu Zürich
© Fotograf: wikipadia.de

Wie lebte man damals?

Es gab noch keine Autobahnen für die vieles Autos, keine Bahnstrecken quer durch Europa und keine Handys, damit jeder mit jedem jederzeit in Kontakt sein konnte. Aber es gab ein Herrscher, der das heutige Europa im Griff hatte. Wenn das nicht überall funktionierte, kam er auf dem Pferd dorthin und ließ nach seinem Recht für Ordnung sorgen. Das hat für manche Krieg bedeutet.

Heute erinnert man sich gerne an das ehemalige große fränkische Reich und vergibt jährlich den Internationalen Karlspreis zu Aachen für Verdienste um Europa und die Europäische Einigung.

Wer war die Braut?

Es war Fastrada, um 765 geboren und am 10. August 794 in Frankfurt gestorben. Sie war, nachdem die drei anderen Frauen von Karl gestorben waren, seine vierte Frau gewesen und soll eine "dämonische Schönheit" mit 18 Jahren gewesen sein (Karl war 40). Gelegentlich ging sie mit Karl auf Reisen.

Ihre Residenz war jedoch vorwiegend in Aachen. Aus dieser Ehe gingen Theodora (* um 785) und Hiltrud (* 787) hervor. Nach ihrem Tod in Frankfurt ist Fastrada, entgegen damaligem Brauch, nicht in Frankreich, sondern hier im heutigen Rheinhessen im Stift St. Alban vor Mainz bestattet worden. Ihr Grabstein kam später in den Mainzer Dom. (Peter Bohrer, Heppenheim / Bergstr., fasst Einzelheiten mit Literaturangaben zusammen: http://www.genealogie-bohrer.de/Ahnenlisten/Beilstein/P0000062.htm)

Warum hat man Worms ausgesucht?

Worms liegt geografisch sehr günstig an der großen Wasserstraße Rhein und im Schnittpunkt von überregionalen (heute europäischen) Verkehrsstraßen. Für Nachrichten und Reisende war eine solche Lage wichtig, auch wenn man nicht in einer "schnell lebenden" Zeit wohnte bzw. herrschte. Karl war achtmal von 772 bis 790 in Worms gewesen. Wenn seine Residenz 791 hier nicht abgebrannt wäre, hätte er von hier aus weiterhin regieren und sich mit seiner Familie wohl fühlen können. So war er gezwungen nach Aachen auszuweichen.

Warum fühlte sich Karl hier wohl?

Wann kommt schon einmal ein Ministerpräsident nach Worms oder welcher Bundespräsident hat den Weg hierher gefunden? Namen von Grafenfamilien aus der karolingischen Zeit sind uns aus Schenkungsurkunden an das Kloster Lorsch bekannt. Willi Alter, der 1916 in Worms geborene historische Landeskundler und Präsident der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, hat verwandtschaftliche Zusammenhänge festgestellt und sich mit Veröffentlichungen zu diesen Themen verdient gemacht.

* Sieghardinger

** Adeltrud, verheiratet mit Graf Eberhard schenkte von 770 bis 778 viermal Ibersheimer Güter, davon elf Weinberge/Rebpflanzungen

** Werner I., königlicher Sendbote, Präfekt des Ostlandes Karls des Großen, Schwiegersohn von Adeltrud, schenkte 812 eine Hofreite in Rheindürkheim. Warnharius erhielt sogar den Auftrag, nach dem Tod von Karl dem Großen 814, die Pfalz in Aachen für Ludwig den Frommen von Gesindel zu "säubern" und ist dabei in einem Gefecht erschlagen worden.

* Geroldonen

** Egilolf/Agilolf und sein Sohn Gerold von Anglachgau schenkten 767 sieben Morgen Ibersheimer Land. Die Schwägerin von Egilolf war Hildegard, die dritte Frau von Karl dem Großen.

** Uto/Hutto und Irmendrud schenkten 772 einen Ibersheimer Weinberg

Wer lieferte den Hochzeitswein?

Wein gehörte, damals wie auch heute, zu jeder Feier dazu, damit eine heitere Stimmung aufkommt und erhalten bleibt. Die Liebfrauenmilch, ein Exportschlager aus Worms, gab es noch nicht, aber Weinberge sind rings um Worms seit der Römerzeit vorhanden. Ein Streit darüber, aus welcher Lage in Worms oder aus welchem der umliegenden Dörfer der Wein kam, braucht nicht zu entstehen, weil keiner einen Beweis dafür hat. Wein gab es hier immer, überall und ausreichend. Bekannt sind die Schenkungsurkunden des Klosters Lorsch, aus denen hervorgeht, dass oft Weinberge (mit wenigen Zeilen) geschenkt wurden. Wein ist lagerfähig und wird dadurch immer besser, diente nicht nur zur Liturgie, sondern war auch Medizin. Man konnte damit sogar Steuern zahlen. Den Verwalter der herrschaftlichen Vorräte nannte man deshalb einfach Keller.

Worms, die uralte traditionsreiche Weinstadt mit Vororten in einer kleinen Übersicht:
(geordnet nach Stadtteilen, Rebfläche 1925, Urkunden-Nrn. im Codex Laurishamensis (CL) und erste Schenkung mit Datum, Schenker, Besitz, event. mit zugehöriger Urkunden-Nr.)

Abenheim
Rebfläche 1925 78,6 ha
Urkunde Nr. 1903
29.12.774 schenkte Racher drei Wiesen

Heppenheim
Rebfläche 1925 36,5 ha
Urkunden Nrn. 858, 860-877,879-882 (23 Urkunden)
03.11.766/767 schenkte Witer eine Hofreite (858)

Herrnsheim
Rebfläche 38,0 ha
Urkunde Nr. 1502
12.06.771 schenkte Nancher eineinhalb Morgen Land

Hochheim
keine Rebfläche 1925
keine Schenkung im CL

Horchheim
Rebfläche 1925 18,0 ha
Urkunde Nr. 900
766 schenkte Nither eine Hofreite

Ibersheim
Rebfläche 1925 2,5 ha
Urkunden Nrn. 859, 1402-04, 1478-1500 (27 Urkunden)
10.02.767 schenkte Baltsuind einen Weinberg (1496)

Leiselheim,
Rebfläche 1925 14,7 ha
keine Schenkung im CL

Neuhausen
keine Rebfläche 1925
keine Schenkung im CL

Pfeddersheim
Rebfläche 1925 43,0 ha
Urkunden Nrn. 820,1381-86 (7 Urkunden)
01.03.766 schenkte Rothmund einen Weinberg (1382)

Pfiffligheim
keine Rebfläche 1925
keine Schenkung im CL

Rheindürkheim
Rebfläche 1925 7,1 ha
Urkunde Nr. 1003
21.10.812 schenkte Werinher eine Hofreite

Weinsheim
Rebfläche 1925 5,6 ha
keine Schenkung im CL

Wiesoppenheim
Rebfläche 1925 8,8 ha
Urkunde Nr. 1527
22.05.793 schenkte Eberhard alles was er hatte

Worms
Rebfläche 1925 37,0 ha
Urkunden Nrn. 819-823 (5 Urkunden)
09.10.770-08.10.771 schenkte Bloa eine Hofreite (819)

Quellen:
* Die Rheinweine Hessens, Rheinhessen und Bergstrasse, Mainz 1927, S. 51
* Karl Josef Minst: Lorscher Codex III, Lorsch 1970

Möge allen Hochzeitspaaren in Worms, das edle Gewächs, viel Freude bereiten und notfalls auch über manches hinweghelfen, wie vor mehr als 1000 Jahren. Man darf sogar stolz darauf sein, dass man hier einen ruhmreichen Vorgänger und Vorkoster hatte.

Ein Beitrag von: Edmund Ritscher, Mannheim September 2013

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