Völker war seit 1946 zweiter Bürgermeister und amtierte von 1949 bis 1967 als Oberbürgermeister der Stadt Worms. Während seiner Amtszeit beschäftigte er sich vor allem mit dem Wiederaufbau der Stadt. Nach ihm wurde das Heinrich-Völker-Bad in der Alzeyer Straße benannt. (Bild oben)
Heinrich Völker wurde am 15.2.1900 in Ludwigshafen geboren; seine Familie zog 1910 von dort nach
Worms. Nach dem Besuch der Volksschule 1914 begann er bei der Wormser Zeitung eine bis 1917
dauernde Buchdruckerlehre (Gesellenprüfung April 1918). Im Jahre 1918 musste er noch einige Monate
Kriegsdienst leisten und arbeitete zwischen Kriegsende und 1932 bei verschiedenen Firmen, so etwa
1931/32 für die Buchdruckerei Martenstein.
Bereits früh engagierte sich Völker gewerkschaftlich und in der SPD (Parteimitglied ab 1925), so war er
schon ab 1924 Vorsitzender des Buchdruckerverbandes in Worms. Nachdem Völker 1922 noch in der
Rheinstraße 13 gemeldet war, zog er 1928 in die Hochheimer Str. 116 und ab 1934 (bis zur Wahl als
Oberbürgermeister 1949) in die Johann-Hirt-Str. 7; ab 1959 wohnte er mit Familie Richard-Wagner-Str. 3.
Wie viele Sozialdemokraten seiner Generation gehörte Völker keiner Kirche an, er war jedoch (wie viele
seiner Parteifreunde und Gewerkschafter) Mitglied der freireligiösen Gemeinde.
Besonders verbunden war der junge Heinrich Völker dem Arbeitersport, v.a. als aktives Mitglied des
Arbeiter-Wasserportvereins (die allesamt 1933 verboten und deren Vermögen konfisziert wurden), nach dem
Krieg fungierte er als Präsident des Wassersportvereins Worms.
Am 19.3.1927 heiratete Völker die am 16.12.1900 in Worms geborene Helene geb. Dester (gest. 22.1.1982,
ebenfalls freireligiös). Die Eheleute hatten den am 11.5.1930 geborenen Sohn Helmut, der nach dem
Besuch der Rheinischen Ingenieurschule/TH Bingen (von 1949 bis 1952) als Elektro-Ingenieur tätig war
(dieser wiederum heiratete 1956 Katharina Ph. Opper und hatte zwei allerdings nicht in Worms geborene
Söhne Wolfgang *1957 und Stefan Heinrich *1961).
Die NS-Zeit war für Völker mit Entbehrungen, Verhaftungen und Verfolgung verbunden. Nachdem er von
Anfang Mai 1932 bis März 1936 als Drucker bzw. technischer Angestellter in der städtischen Adrema tätig
war, wurde er wegen seit 1933 aktiver illegaler Tätigkeit für die verbotene SPD (‚Vorbereitung zum
Hochverrat‘) und seiner Tätigkeit für die 'Sozialistische Aktion', der illegalen Nachfolgeorganisation der SPD,
am 18.3.1936 verhaftet, sofort aus dem Dienst entlassen und vor Gericht gestellt.
Durch ein (nach 1945 aufgehobenes) Urteil des Oberlandesgerichts Darmstadt in einem Verfahren gegen eine Gruppe von insgesamt 28 Wormser Sozialdemokraten um Willi Rösler im Sommer 1936 wurde Völker zu eineinhalb
Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Zweibrücken absitzen musste. Aus der von März 1936 bis September
1937 andauernden Haft sind über den Nachlass von Lucie Kölsch bewegende Briefe an seine Frau und
seinen kleinen Sohn überliefert.
Nach Haftende war Völker eine zeitlang arbeitslos und fand ab November 1937 bis Anfang 1939 eine
Anstellung als Hilfsarbeiter bei der Fa. Hanns Schmitt (Fabrik feuerfester Beton-Trockenmörtel,
Rheindürkheim), dann folgte eine bis März 1939 dauernde Tätigkeit in einer Buchdruckerei in Darmstadt
(Herbertsche Hofbuchdruckerei, als Buchdrucker), dann konnte er zwischen März 1939 und April 1943
wieder als Buchdrucker bei der Fa. Martenstein arbeiten.
Im Mai 1943 wurde er zum Militärdienst einberufen (bis Mai 1945, Einsatz als Gefreiter im Nachschubbtl.
814 Mainz, zuvor war er wegen ‚Wehrunwürdigkeit’ noch nicht einberufen worden) und diente u.a. an der
Ostfront, wo er verwundet wurde. Von Bad Aibling (Bayern) aus wurde er im Juni 1945 aus der US amerikanischen Kriegsgefangenschaft entlassen.
Formal ab 1.7.1945 wieder bei der Stadtverwaltung angestellt, war Völker von da an bis zum 28.2.1946 zur
Dienstleistung in der Gewerkschaft beurlaubt; Völker war als Gewerkschaftssekretär maßgeblich am
schnellen Wiederaufbau der Organisation in Worms beteiligt. Vom 1.3.1946 bis 6.1.1949 fungierte er als
ehrenamtlicher, zweiter Bürgermeister der Stadt.
Für den demokratischen Wiederaufbau waren die nie abgerissenen, ab April 1945 schnell
wiederauflebenden Verbindungen unter den 1936 verhafteten, jetzt wieder aktiven Sozialdemokraten (u.a.
Bardorf, Hirschbiel, Saxer) und ebenfalls verfolgten Kommunisten (F. Schmitt, Habermehl. Kilb etc.) von
großer Bedeutung. Diesem Netzwerk aus Antifaschisten, die allesamt Opfer der NS-Diktatur geworden
waren, verdankt sich ein entschlossenes Handeln im Dienst eines demokratischen und sozialen
Gemeinwesens.
Heinrich Völker wurde vom Stadtrat Ende 1948 mit Amtsantritt am 7.1.1949 zum OB gewählt und in sein Amt
eingeführt, das er bis November 1967 innehatte, nachdem ihm am 8.11.1967 auf einstimmigen
Ratsbeschluss hin als erstem Wormser seit dem Krieg die Ehrenbürgerschaft der Stadt verliehen worden
war. Von den weiteren sehr zahlreichen Ehrungen sei nur erwähnt das 1960 verliehene Große
Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.
Völker wurde zur prägenden Figur der Wiederaufbaujahre der Stadt nach dem Krieg und führte sein Amt mit
großer Tatkraft und einem von den Zeitgenossen attestierten ‚straffen Führungsstil’; die soziale Gerechtigkeit
angesichts der verheerenden Kriegsfolgen für die Stadt und ihre Menschen waren ihm besonderes Leitbild.
Neben dem intensiven kommunalen Engagement war Völker für die SPD und für Worms auch im Landtag
des neuen Bundeslandes Rheinland-Pfalz aktiv, schon 1946/47 als Mitglied der Beratenden
Landesversammlung des Landes Rheinland-Pfalz, als MdL von 1947 bis 1971 und dort bis 1967 als stv.
SPD-Fraktionsvorsitzender.
Heinrich Völker starb am 8.6.1975 in Worms und erhielt ein Ehrengrab auf dem Friedhof Hochheimer Höhe.
Bei seiner Trauerfeier waren u.a. Ministerpräsident Helmut Kohl anwesend. Nach Heinrich Völker wurde das
1965 eröffnete Schwimmbad an der Alzeyer Str. benannt. Als programmatisch für die Grundeinstellung der
Wiederaufbaujahre unter der Ägide einer klaren sozialdemokratischen Mehrheit in der kommunalen Politik
stehen die Worte über dem Eingang des 1958 eingeweihten Rathauses: „Demokratischer Geist schuf diesen
Bau“.
Informationen aus: Personalakte Stadt Worms Stadtarchiv Abt. 6-P Nr. 6171 (darin u.a. Nachruf WZ; hs.
Kondolenzbrief OB Kuhfuß an Fam. 16.6.1975; masch. Übersicht Lebenslauf und Mitgliedschaften;
Sterbeurkunde); Glückwünsche zum 75. Lebensjahr; Zeitungsartikel zur Verabschiedung aus dem OB-Amt
1975; Ehrenbürgerschaft; Gehaltsberechnung; Zeitungsartikel zu 60. und 65. Geb.;
Wiedergutmachungsbescheid 1951, Antrag auf Ersatz von Schäden im wirtschaftlichen Fortkommen:
Lebensläufe; Reden und Artikel zum Amtsantritt Jan. 1949; div. Gehaltsfragen; Niederschrift Wahl Bgm. und
Beig. 22.09.1946; ausgefüllter Personalbogen bei Wiedereinstellung Stadt Worms 21.6.1945, Fragebogen
Militärregierung 21.6.1945; div. Unterlagen zum Werdegang; Rede bei Wiederwahl 1959; Liste der
Mitgliedschaften
biogr. Daten: in Akte zum Ableben 1975 (StadtAWo Abt. 6 Nr. 2013), div. Unterlagen zur Amtsführung finden
sich in den Akten der Stadtverwaltung nach 1945 (Abt. 6), Nachlass Lucie Kölsch StadtAWo Abt. 170/25,
Zeitgeschichtliche Sammlung Abt. 204. Festschrift zur Geschichte der Wormser SPD 1869-1979 (L. Kölsch).
Ein Nachlass oder eine angemessene biographische Würdigung existieren bislang leider nicht. Angemessen
wäre eine solche unbedingt.
Fotos: Fotoabteilung Stadtarchiv M01703 (Portrait 1946), weitere ‚offizielle’ Fotos v.a. in 170/25 Nr. 33-34
(hier auch private Fotos vor 1933) und in anderen Unterabteilungen des Fotoarchivs (offizielle Amtsfotos,
zahllose Fotos seiner Amtszeit vorhanden)
Stadtarchiv Worms, Dr. Gerold Bönnen